Otmar Bauer

1968
autographische notizen, wiener aktionismus, studentenrevolte, underground, kommune friedrichshof, mühl ottos sekte

Titelfoto: Otmar Bauer; aus dem Film "Impudenz im Grunewald", gem. mit Günter Brus, Berlin 1969


2004, 210 Seiten, franz. Broschur,

Preis 21,90 € (A), 21,30 € (D)

ISBN 978-3-902300-11-9

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die voraussetzung für eine selbstständige entwicklung sahen wir in der freiheit keinen beruf zu wählen, keine rolle, auch nicht die des künstlers anzunehmen – frei sein von beziehungen, keine eifersucht mehr, und die kinder sollen selbstständig aufwachsen.

"wie konnte das passieren?, fragen die leute, wenn ich über den gescheiterten kommuneversuch berichte, es war weniger als ein kommuneversuch, wir haben mühl die hergottsrolle aufgedrängt."

otmar bauer nimmt in "1968" zu den themen studentenbewegung in wien, underground, wiener aktionismus, kommune friedrichshof und anderem mehr stellung.
dabei gewährt er nicht zuletzt durch den typischen stil dieser zeit, das tempo, die besondere wortwahl einen authentischen einblick in das denken, fühlen, experimentieren, revoltieren, wollen und begehren der achtundsechziger in europa und insbesondere österreich – und was sich basierend auf dieser intensiven auseinandersetzung daraus entwickelte.

das buch ist aber auch insofern von brisanz, als otmar bauer in diesen tagebuchähnlichen aufzeichnungen und notizen in ebenso provokanter wie manchmal auch berührender, vor allem aber äußerst (selbst-)kritischer form seinen künstlerischen werdegang und seinen lebensweg beschreibt – von den achtundsechzigern über die gründung der kommune friedrichshof, die idee, den alltag, das gelingen und scheitern – bis hin zur ersten rechtskräftigen verurteilung otto mühls.

zur Person

otmar bauer, geboren 1945 in schärding, verlegenheitskünstler, aktionist, mitbegründer der kommune friedrichshof.

Rezensionen

"Provokant, radikal-direkt und ganz in der einst gängigen Sponti-Diktion beschreibt Otmar Bauer in seinem neuen Buch die Jahre 1965 bis 1989. Mit dem Blick hinter die Kulissen wolle er, so der heute 59-Jährige‚ die Dinge verständlich machen und aufräumen mit falschen Mystifizierungen."
Marianne Enigl (profil 9/04)

Weitere Besprechungen des Buches u. a.:
"Treffpunkt Kultur", ORF 2, 1.3.04
durch Barbara Rett
Falter 11/04
Der Standard 5. 3. 04
Übertragung der Lesung in Linz durch den Freien Rundfunk Oberösterreich 5/04

Otmar Bauer – "Kunst als Waffe"
"Otmar Bauer, österreichischer 68er, stellt zur Zeit in der Galerie Kunst und Handel in der Grazer Einspinnergasse seine Werke aus. Zur Eröffnung las er in der Galerie aus seinem Buch "1968" und stand uns in einem Interview Rede und Antwort zu seinem bewegten Leben von der ersten von ihm organisierten Opernballdemo über die berühmte Uni-Aktion "Kunst und Revolution" bis hin zur Kommune Friedrichshof:"
Wie sehen Sie Aktionismus?
Otmar Bauer: Ich bin ja aus dem Aktionismus ausgestiegen, weil ich die Aktionisten nicht mag. In Wirklichkeit sind ja alle am Kunstmarkt orientiert. Ich aber war Underground, Studentenrevolte und Aktionist. Der Underground mit seinen Festivals hat den Wiener Aktionisten damals das Becken gegeben, um aufzutreten. In diesem Sinn haben wir leider die Kuckuckseier großgezogen. Deshalb bezeichne ich mich nur als 4-1/2. Aktionisten (neben Brus, Nitsch, Mühl und Wiener, Anm. d. Red.) …"

80 Kulturzeitung (18. 6. 04)

Aufschrei Aktionismus
Der "Skandal". Während woanders die 68-er Studenten revoltierten, waren das in Wien die Künstler. "... Was rückblickend von der Kulturwissenschaft in den ‚Wiener Aktionismus' (…) und die meist mehr mit Literatur assoziierte ‚Wiener Gruppe' eingekastelt wurde, stellte wohl die radikalste künstlerische Bewegung der aktionistischen 60er Jahre dar. Statt wie in Frankreich und Deutschland die Studenten, revoltierten in Österreich die Künstler gegen Verlogenheit und Kleinbürgerlichkeit, so MAK-Direktor Peter Noever: ‚Sonst wäre Wien im Sumpf der tiefsten Harmonie und größten Scheinheiligkeit stecken geblieben.' Eine bedrückende Atmosphäre, der der 2004 verstorbene ehemalige Mühl-Kommunarde Otmar Bauer in seinen autobiografischen Notizen ‚1968' (EDITION ROESNER) ein ebenso bedrückendes Denkmal gesetzt hat."

Almuth Spiegler (Die Presse, 14. Mai 2005)

"... Zu Wort gemeldet hat sich Otmar Bauer, seinerzeit im Umkreis des Wiener Aktionismus und an mehreren Gemeinschaftsaktionen und –filmen beteiligt, aber auch mit eigenen Aktionen/Filmen hervortretend, Mitglied der sogenannten "Österreichischen Exilregierung" in Berlin ab 1969, neben Brus, Rühm, Wiener etc. Dann am Aufbau der AAO-Kommune beteiligt und Kommunarde fast bis zum bitteren Ende, das er mit herbeiführen half. In einer Art Tagebuch, 1968 – autobiographische notizen, kommentiert er wiener aktionismus, studentenrevolte, underground, kommune friedrichshof, mühl ottos sekte, von 1965 bis zur Auflösung der Kommune 1989 ... Seine Aufzeichnungen sind authentisch und er nimmt kein Blatt vor den Mund, auch nicht bezüglich der eigenen Situation … vor allem Otto Muehls Profil gewinnt auch bei Bauer zunehmend hässliche und brutale Züge. Im Künstlerunderground war und ist wohl nicht alles so rosig, wie es von außen und im romantisierenden Rückblick meist aussieht."
(testcard #14)

"Otmar Bauer, mein Gott, er war einer der größten Pioniere unserer Zeit ... ein sehr gutes und empfehlenswertes Buch. Wenn man es liest, dann sollte man sich eine Flasche Wein dazu stellen - und Fasten Seat Belts - und darauf gefasst sein, dass man an manchen Stellen nimmer weiß, was man dazu nur sagen soll. Otmar erzählt etwas, das scheinbar dort irgendwo draussen passiert ist (oh, zum Glück betrifft es mich, ja gerade mich nicht ... gerade nochmal gut gegangen) ... aber nein, es ist die blanke Enttäuschung, denn es spielt sich in Wirklichkeit alles in unseren Wohnzimmern und Besenkammerln und Kellerlöchern ab, im ganz normalen biederen Familienglückskasterl - und eh klar: Lasst es uns weiter zuschweigen ... oder doch darüber reden? Wenn man dieses Buch gelesen hat, dann will man reden, reden, reden ... über alles mögliche will man danach reden, über alles Peinliche und nicht Peinliche ... Also ja, ich hör eh schon auf zu quasseln, auf jeden Fall ermutigt dieses Buch, auch endlich auszupacken und über den ganz normalen Alltags-Lieblich-Gesichts-Wahnsinn zu reden. Hilfe, wo ist denn der Stecker? ... Anni, hast nicht ein anderes Programm? ... Das ist alles so verdammt echt, was Pfläumchen da schreibt ... Herzlichkeitsgruß und Prost."
Wolfgang Grußmann (15. Februar 2008)