Milan Rácek

HochZeiten/Vznešené okamžiky
Heiratsgeschichten, die man gerne verheimlicht hätte/Vznešené okamžiky. Svatební príbehy, které by radeji mely zustat utajeny

2009, 156 Seiten, franz Broschur,

14,85 € (A), 14,40 € (D)

ISBN 978-3-902300-46-1

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Buchinfo

Wie der Titel besagt, ist der Drehpunkt jeder Geschichte eine Hochzeit. Gleichermaßen werden mit viel Fingerspitzengefühl soziopolitische, historische, psychologische Themen mit allem gebotenen Ernst aufgegriffen, um sie satirisch und mit einer guten Portion Humor wieder zu entschärfen. Allen Texten immanent ist die scharfe Beobachtungsgabe bei gleichzeitiger Empathie des Autors, was unter anderem darin wurzelt, dass er, wie der Biografie zu entnehmen ist, in Tschechien geboren und aufgewachsen ist, seit langem in Österreich lebt und brisanterweise in Deutsch schreibt. Die Heiratsgeschichten vermitteln in humorvoller Weise solcherart "Zeit-Szenen", die man durch gängiges historisches Wissen bisher erahnt hat, aber erst durch diese Lektüre begreift ...
Das vorliegende Buch ist als Pilotprojekt für eine Reihe bilingualer Bücher in der EDITION ROESNER zu verstehen.

zur Person

Milan Rácek, geboren 1943 in Zlin (Tschechien). Absolvierte die Höhere Technische Lehranstalt für Flugzeugbau in Uh. Hradišt und später die Fachschule für Museumskunde im Nationalmuseum Prag. Zweijähriger Präsenzdienst in der Tschechoslowakischen Armee. Nach einem einjährigen Aufenthalt an der Biologischen Station Serrahn in Mecklenburg (DDR) folgten kürzere Arbeitsaufenthalte in Olomouc (Olmütz) und Šumperk (Mährisch Schönberg). Als Folge des Einmarsches der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei Übersiedlung nach Österreich. In Abwesenheit wegen "subversiver Tätigkeit" und "unerlaubtem Aufenthalt im Ausland" zu 12 Monaten Gefängnis verurteilt. Seit 1969 Mitarbeiter des Niederösterreichischen Landesmuseums in Wien und St. Pölten. Von 2001 bis 2007 Leiter der Galerie für zeitgenössische Kunst "Ausstellungsbrücke" im Regierungsviertel St. Pölten. Mitglied des Österreichischen P.E.N.-Clubs und der Autorenvereinigung PODIUM.

Rezensionen

Wo und wann geheiratet wird
Milan Racek setzt mit seinem fünften belletristischen Werk die Erzählungen aus dem Grenzgebiet Tschechien – Wald- und Weinviertel fort. Diesmal sind die vier Hochzeitsgeschichten zweisprachig zu lesen. Sie stammen aus den 60er bis 90er Jahren. Ob er sich im Wirtshaus wie in Leo 1999, Das Jubiläum 2001 und Die Rückkehr 2003 von Erzählungen und "G'schichten" Einheimischer inspirieren ließ, scheint wahrscheinlich. Sind doch die Paare und Verwandten stets im Tschechischen oder Österreichischem angesiedelt. Daraus ergeben sich bereits kulturelle und sprachliche Differenzen, bzw. ist es die Vergangenheit der nach dem II. WK deutschsprachigen Ausgesiedelten, die sie in ihrer Erinnerung bewahrt haben.
Für Konfliktstoff der heiteren Art ist durch den Generationskonflikt sowie durch die verschieden strenge oder konservative Erziehung der Söhne oder Töchter gesorgt. Hie und da gibt es ein Aufmüpfigsein gegenüber den anstrengenden Gepflogenheiten, wie aufwendig man eine Hochzeit auszurichten hat, oder eine große Skepsis, genährt durch Erfahrung, ob Heiraten überhaupt notwendig sei.
Geheiratet wir jedoch erfolgreich, ob zu Weihnachten, ob in der Stunde vor der Einberufung zum Militär oder auch, wenn Hindernisse wie z.B. Unfälle, fehlende Zeugen eine Stunde vor der Trauung erst bewältigt werden müssen. Die Hochzeitsnacht findet im Krankenhaus oder im kleinen Zelt im Garten statt und bei jeder Erzählung ist man auf das nächste Desaster gespannt.
Da die Spannung stets bis zum Happy End durchgehalten wird, humorvoll und einfühlsam die Familienkonstellationen durchleuchtet werden und das bilinguale Werk viele historische und kulturell differenzierende Details enthält, ist das Buch genauso wie die vorhergehenden Romane wärmstens zu empfehlen.

Eva Riebler (etcetera, orte: wo, Oktober 2010)

Tschechische "HochZeiten"
Bilingual, tief verwurzelt in tschechischer Zeitgeschichte und tschechischem Sprachgefüge, pflegt Milan Rácek einen dezent distanzierten Umgang mit den schmerzlichen Schatten, die Drittes Reich und Sowjetdiktatur immer noch werfen. Er lässt sie nur da und dort zwischen den grotesken Wirrungen hervortreten, in denen sich viermal schicksalhaft Paarfindung ereignet.
Da wirft ein angehender Mediziner nächtens seine Instrumententasche, in der sich auch seine Personaldokumente befinden, in die Moldau. Mit den abenteuerlichen Bemühungen, sie wiederzuerlangen beginnt eine Kette von Turbulenzen, deren letztes Glied das große Glück zu zweit verspricht. Jedenfalls landet der Protagonist am Ende in den Fängen einer ungestümen Liebhaberin, die aus dem Luxusmilieu ihrer im Sowjetkommunismus privilegienkorrumpierten Eltern in seine bohemienhaften Arme flüchtet.
Warum der Sohn eines von Haus und Hof Vertriebenen ausgerechnet die Toch-ter jener Familie heiratet, die jetzt dieses Haus bewohnt, warum sich am Heili-gen Abend ein Standesbeamter findet, der die Trauung vollzieht, obwohl jener mit aufgekrempelten Hosenbeinen und sein Vater im Trainingsanzug vor ihm erscheinen, was die subversiven Agitationen der Republik Schafberg sollen - all das sei dem Leser nicht verraten.
Ebenso möge er selber lesend erkunden, warum die Tiere im Zoologischen Garten von Olmütz jedes Mal opulent bewirtet werden, wenn zwanzig Fahrstunden entfernt eine Hochzeit auf dem Lande stattgefunden hat. Eine Brautmutter, die sich vor den Hochzeitsgästen im Schrank versteckt, ein potentieller Schwiegersohn, der am Weihnachtsabend seine brandneuen Luxus-Jeans versäuft und damit Tanjas Herz - anscheinend für ´s ganze Leben - gewinnt, Rooming-in für Brautleute im weihnachtlichen Spital, vom Kompost-Haufen geklaute, ein Jahr alte Wildscheinklobasse als Trauungsfestschmaus, dem Autor mangelt es nicht an bizarren Einfällen, bizarren Figuren und Bildern, die planwirtschaftlich bedingte Kargheit persiflieren.
Wo die Liebe hinfällt, wächst zwar weiterhin geschichtliches Unkraut, aber es lässt sich besser ertragen oder sogar handhaben. Alkohol und klischeehaft geplante, aber dann aus allen konventionellen Rämchen fallende Feste helfen dabei.
Politische Ereignisse als katastrophale Einbrüche zu erzählen ist eine der großen Stärken des Autors. Just vor dem Hochzeitstag erhält da der frisch gebackene Ehemann seinen Einberufungsbefehl. Wenige Stunden nachdem er das Haus verlassen hat, erfährt die junge Braut, dass die Sowjetpanzer durch die Straßen rollen. Alle Verständigungsmöglichkeiten sind unterbunden. Wird der Befehl zum aussichtslosen militärischen Widerstand kommen? Die Eindringlinge sind über ihren Besatzungsbefehl kaum weniger bestürzt als die Überfallenen. Ein russischer Soldat bittet den Bräutigam um eine Zigarette - und erhält sie. Alle vier Erzählungen verlaufen nach ähnlichem Muster, mit ironischem Blick auf menschliche Schwächen, karikiert durch unerwartete, launig erzählte Pannen. Die politischen, in den zwischenmenschlichen Bereichen immer noch spürbaren, Nachbeben bilden ein pastellfarbenes Zeitkolorit, unaufdringlich aber auch unverlogen. Das Buch hält, was in einem der Lektüre vorangestellten Satz versprochen wird: "Für alle jene, die gerade eine der beiden Sprachen (Anm.: Tschechisch oder Deutsch) lernen oder zweisprachiges Lesen genießen."

Franz Blaha (www.kultur-online.net, 12. Juni 2010. Driesch Verlag, Driesch Kulturzeitschrift #1)

Tschechisch-österreichische Jumelage im Zeichen der Erweiterung der Horizonte. In den Verlagsräumlichkeiten der Edition Roesner konnte Verlagsleiterin Nadja Rösner-Krisch am Freitag beim tschechisch-österreichischen Fest mit einer Lesung von Milan Racek zahlreiche Gäste begrüßen. Das Motto "Grenzen überschreiten - Horizonte erweitern" wurde bewusst gewählt, "als Signal gegen Rechtstendenzen in Österreich aber auch weltweit", so Rösner-Krisch.
Das von Racek präsentierte Buch "HochZeiten", das in Tschechisch und Deutsch erschienen ist, ist ein Pilotprojekt für eine bilinguale Schriftenreihe.
Rösner-Krisch: "Die meisten von uns sprechen Englisch, die wenigsten jene Sprachen unserer unmittelbaren Nachbarn, und das, obwohl viele von uns tschechische Wurzeln haben."
Kulturstadtrat Paul Werdenich eröffnete, anwesend waren auch Politiker aus der Partnerstadt Vsetin.

Gaby Schätzle (NÖN 15/2010, April 2010)

Österreich - Tschechien, Bilingual/Literature
Was haben das Prag der frühen 1960er-Jahre und Wien um 1990 miteinander zu tun? Ganz einfach: Es wurde und wird geheiratet. "HochZeiten" ist der Titel des neuen Buches des in Niederösterreich lebenden Tschechen Milan Rácek. Erschienen ist das satirische Werk in der Edition Roesner als erstes einer neuen bilingualen Reihe./What do early 1960s Prague and Vienna around 1990 have in common? Itr's simple: people have always been getting married. "HochZeiten" (the German word may mean ,marriages´, ,high times´ or ,heyday´) is the title of new satire by Milan Rácek, a Czech author living in Lower Austria. It is the first work in a new bilingual series published by Edition Roesner.

Enjoy Vienna/Willkommen in Wien (02/10)